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Sunah Choi Harun Farocki Karin Ferrari Johannes Gierlinger Andreas Heller Barbara Kapusta Rafał Morusiewicz Christiana Perschon Ugo Rondinone Emilia Tapprest Patrick Topitschnig
und im shower room ERNST LIMA

kuratiert von Katja Stecher

18. Juni 2022 - 17. Juli 2022



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und im shower room

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© Michael Strasser / Kunstverein Schattendorf

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werden Trennlinien gezogen, Gebiete abgesteckt; Mauern errichtet, Grenzverläufe überwacht. Eurokrise, Terrorismus, Migration, Pandemien, politische Spannungen und Kriege scheinen den Bau von Befestigungsanlagen zu legitimieren und bescheren der Grenze eine Renaissance.1

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präsentiert sich (als) eine visuelle Grenze im Ausstellungsraum. Die Bilderflut der linear angeordneten Monitore strapaziert die Wahrnehmung und verunmöglicht das Entziffern der einzelnen Bewegtbilder, die einem historischen Narrativ folgen. Erst im Herantreten ist eine individuelle Auseinandersetzung mit den gezeigten Arbeiten möglich.

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laufen die Videos im Loop. Sie erzählen von sichtbaren und unsichtbaren Grenzen, verweben geschichtsträchtige Ereignisse mit tagespolitischem Geschehen und entwickeln mögliche Zukunftsszenarien.

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tropft der Wasserhahn. In seinem eigenen Rhythmus.

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versammeln sich am 11. Juni 2016 im Wiener Märzpark rechtsextreme Identitäre, um „als Erben der Revolution von 1848“ gegen Zuwanderung und Migration zu demonstrieren.

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tauchen für einen Sekundenbruchteil Erinnerungsbilder auf. Ein Schwarm Vögel, ein Flugzeug, ein Soldat und ein Kind sind nur einige von vielen Gespenstern der Vergangenheit. Dazwischen ist es schwarz – und irgendwo klingelt ein Smartphone.

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verschwimmen im Zusammenspiel von Artefakten der Vergangenheit und der Gegenwart die Grenzen der Zeit. Den Blick zurück richten heißt aber auch, die Rolle von Geschichtsschreibung und kollektiver Erinnerung aus heutiger Perspektive zu betrachten und aus dem Vergangenen, Schlüsse für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen.

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tropft der Wasserhahn. Er folgt einer anderen Zeitrechnung.

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geht ein junger Mann an einer Backsteinmauer entlang. In der endlosen Wiederholung dieser Szene ist eine Hoffnungslosigkeit und Vergeblichkeit jeden Bemühens eingeschrieben.

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starten Raketen ins All. Im Takt von Franz Lehárs Klassiker Dein ist mein ganzes Herz gleiten die Flugkörper wie in einer Tanzkür durch die Luft. Die Raumfahrt wird zum Höhenfeuerwerk.

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beginnt in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 der Bau einer Sperranlage, die mitten durch Berlin verläuft. Innerhalb weniger Tage werden Menschen voneinander getrennt, Straßen, Plätze und Häuser geteilt, Bahnverbindungen unterbrochen. Die Berliner Mauer wird zum Symbol des Kalten Krieges, der die Welt in kapitalistische und kommunistische Gesellschaftssysteme spaltet und einen erbitterten Wettstreit um die Eroberung des Weltraums zwischen den USA und der Sowjetunion auslöst.

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tropft der Wasserhahn. Die Zeit steht still.


1 Im Jahr 2020 zählte man 311 internationale Landesgrenzen mit einer Gesamtlänge von 261.500 Kilometern. Ergänzt man diese um feste und veränderliche Seegrenzen, kommt man weltweit auf rund 750 zwischenstaatliche Grenzen. (Vgl.: Delphine Papin und Bruno Tertrais, Atlas der Unordnung. 60 Karten über sichtbare, unsichtbare und sonderbare Grenzen, Darmstadt 2020, S. 17–18.)

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wiederholen sich Zitate aus polnischen Filmen. Kombiniert mit Ausschnitten aus alten Schwulenpornos, Musik- und Heimvideofilmen oder Social-Media-Clips, werden die heteronormativen, heterosexistischen und chauvinistischen Bilder des Kinos aus der Zeit der Polnischen Volksrepublik queer gelesen.

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werden die Häftlinge überwacht. Es herrscht die totale Kontrolle. Die Kamera, der kein Winkel verborgen bleibt, wird zur Waffe. Die Aufnahmen schildern das Zurichten von Menschen zu Gefangenen.

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treibt ein Boot auf dem offenen Meer. Sekunden erscheinen wie Stunden, Stunden wie Tage, Tage wie eine Ewigkeit. Das Meer wird für Flüchtende zur schier unüberwindbaren Grenze auf ihrem Weg nach Europa.

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sind Leben von gewaltsamen Grenzregimen durchdrungen, werden Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion, Sprache, sexuellen Orientierung und politischen Haltung ausgegrenzt.

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tropft der Wasserhahn. Die Zeit verrinnt.

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ereignen sich seltsame Dinge in der Antarktis. Tagtäglich werden auf digitalen Plattformen neue Erkenntnisse über den Südpol enthüllt und geheime Botschaften anhand historischer Karten, Symbole und Zeichen entschlüsselt. Beweise welche die große Konspiration gegen die Menschheit offenlegen.

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werden wir hier spielen, verspricht die Stimme eines Kindes. Wenn wir zurückkehren. Einstweilen bleibt der unterirdische Vergnügungspark mit seinen Tischtennisplätzen und Ruderbooten, dem Karussell und Riesenrad leer, zeugen die einsamen Schauplätze von der Endlichkeit menschlichen Seins.

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treten die Nutzer:innen miteinander in Kontakt. Jenseits von physischen und sprachlichen Barrieren ist es in einer deterritorialen Dimension möglich, die Anwesenheit einer Person rein emotional zu übermitteln und intime Beziehungen einzugehen, ohne sich körperlich nahe zu sein.

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erkunden einander elastische Figuren. Ihre Körper bewegen sich im Gleichklang, berühren sich zärtlich, werden fluide, setzen sich neu zusammen. Nach dem Ende der menschlichen Zivilisation begründen die technoiden Wesen eine Gesellschaft der Empathie, die geprägt ist von gemeinschaftlichen Beziehungen, Harmonie und Stabilität.

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kollidieren unterschiedliche Zeitlichkeiten, die Trennlinien zwischen Wahrheit und Fiktion werden brüchig. In einer nahen Zukunft sind die einstigen Dichotomien – zwischen Subjekt und Objekt, Körper und Geist, sprechen und handeln, materiell und immateriell – nicht mehr aufrechtzuerhalten. Innen und außen fallen in eins.

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tropft der Wasserhahn. Zeit und Raum lösen sich auf.

 

Text: Katja Stecher