DAILY SHOW !

Michael Gumhold, Flora Hauser, Gerhard Veismann
kuratiert von Siggi Hofer

25. Mai 2019 - 23.Juni 2019

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© Michael Strasser / Kunstverein Schattendorf

Nachdem nun in Folge drei Ausstellungen mit jeweils zwei KünstlerInnen stattgefunden haben, sind es diesmal drei. In ihren Arbeitsweisen grundsätzlich sehr unterschiedlich, kommen sich die KünstlerInnen hier und heute in der Daily Show! sehr nahe.

Auf wundersame Weise nähern sie sich mit jedem Schritt scheinbar dem selben Thema an und gleichzeitig werden ihre Arbeiten mit jedem dieser Schritte, mit jeder Überlegung autonomer und grenzen sich auch von einander ab.

"Ein gelebter Tag liegt hinter uns, wenn es sich um einen Abend handelt. Ein Tag der wieder Spuren hinterlassen hat. Und jetzt wird einiges gesagt, das man eigentlich nicht sagen wollte, weil es nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. Man hat sich überrumpeln lassen oder es war einfach gerade der goldrichtige Moment? Wollte man einer schönen Frau imponieren, wollte prahlen und trank zu viel. Man war berauscht, überarbeitet, überfordert und man wurde in eine Falle gelockt, im schlimmsten Fall waren sogar K.O.-Tropfen im Spiel. Auch wenn man selbst beschädigt aus der Geschichte heraus kommt, war es gut, denn das Publikum hat danach gelechzt. Eigentlich wollte es nur unterhalten werden, doch jetzt bleibt es berührt zurück und es bleibt alles wie es war, so wie, als man mit sich alleine war – ganz intim." 1

Gerhard Veismann ist mit der Präsentation seiner Tagebücher am offensichtlichsten in Verbindung mit dem Titel der Ausstellung zu bringen. Seine Tagebücher passen zwar ausgezeichnet in sein Oeuvre, waren aber ursprünglich nicht als Kunstwerk konzipiert und werden nun für diese Ausstellung aber als solches adaptiert. Die äußerst offenherzigen Einträge sind durch die extrem winzige Schrift nicht leicht zugänglich. Passend nennt er die Arbeit "Snow Pagoda". Ein Titel der keinen Hinweis auf den Inhalt gibt, als Passwort fungiert und nochmals auch auf den Zwiespalt zwischen Privat und Öffentlich, aber auch zwischen in die Welt hinaus schreien wollen und Schweigen verweist.

"Das Passwort "Snow Pagoda" geht auf einen Eintrag vom 6. Februar 2015 zurück: „um zu zeichnen, bis die Knochen brechen. Beim Freitagsjapaner sah ich das Bild einer Pagode im Schnee und verlor mich darin (vertiefte mich darin).“ Es ist nur eine von unzähligen zu chiffreähnlichen Wörtern gewordene Beobachtung, die sich aber so hartnäckig in mir festgesetzt hat, dass sie sich gegen alle anderen durchsetzte und zum Zugangscode wurde." 2

Dem kuratierenden Künstler, der als Wirtshauskind aufgewachsen ist, und damals die unmöglichsten Geschichten mit gesammelten Kronkorken veranstaltet hat, ist die Arbeit von Michael Gumhold auf eine fast, aber nicht ausschließlich, angenehme Art sehr nahe. Spielt sie doch direkt in seine eigene Biografie hinein und diese Nähe könnte dazu führen, die Arbeit leicht misszuverstehen. Denn es geht nicht um das Ding in erster Linie, sondern um das Volumen, das es symbolisiert. Es sind nicht die Geschichten aus der Vergangenheit, sondern das Experiment im Jetzt. Seine riesige und praktisch täglich wachsende Sammlung eröffnet ihm formal wie inhaltlich immer wieder neue Möglichkeiten. Im ehemaligen Tanzsaal des Schattendorfer Kunstvereins hat er mit seiner typischen Unbefangenheit, die niemals Präzision vermissen lässt, frei agiert. Der Raum wird sozusagen seziert und architektonische Eigenheiten des Raumes betont. Auf diese Weise steckt er sein Territorium ab und umschifft gleichzeitig die Arbeiten seiner zwei KollegInnen. Seine Intervention im Raum führt einen dann nochmals unmissverständlich zum Thema "Volumen" zurück. Volumen als etwas Existenzielles. Volumen als große schwarze Fläche.

"Im Grunde sind diese Kronkorken - Arbeiten ein Hybrid/ ein Zwitterwesen, Skulptur und Plastik in einem. Auf der einen Seite wird fast manisch über Jahre Volumina angehäuft, auf der anderen Seite symbolisiert diese stetig weiter wachsende Sammlung den Übergang von einem Aggregatzustand zum anderen." 3

Flora Hauser, war ständig auf Reisen und konzipierte ihre Arbeit quasi mal da mal dort. Dadurch hat ihre Arbeit dieses Flüchtige und gleichzeitig doch Konzentrierte, das vielleicht nur auf Reisen bzw. in Bewegung gelingen kann. Es ist, wenn man so will, eine Art Reisetagebuch entstanden. Nur ganz behutsam taucht jedoch auch Erzählerisches auf und tritt nach dem Entdecken sofort wieder in den Hintergrund. "Es ist kein Tagebuch im klassischen Sinn, weil es weder chronologisch noch beständig ist." 4

Manchmal scheint es, als würde Hauser nur zufällig Spuren hinterlassen und in weiterer Folge scheint es auch nur zufällig, sollte man etwas darin entdecken können. Figuren oder Schrift, die teilweise auch von Menschen im Flugzeug, die Hauser bei der Rückreise getroffen hat ergänzt wurden, tauchen eher flüchtig auf und man hat den Eindruck, als hatten sie die Fähigkeit von Bild zu Bild zu springen.

"Mit dem amerikanischen Foto Format 4x5 inch hab ich schon in den USA gearbeitet. Ich hab Leinwände grundiert und in der Größe der Platte zugeschnitten, sodass ich perfekt fürs Reisen nur Leinwandstoffe und eine Platte dabei hatte. Letztes Jahr erweiterte ich diese Arbeitsweise mit Magneten, die ich jetzt auch bei der Hängung von Arbeiten verwende. Dieses System steht für mich für Flexibilität, die Möglichkeit die Leinwand zu nehmen (fast Performance) und einfach an die nächst beste Stelle zu hängen." 5

Auch diese "fast Performance" verbindet die Arbeiten in der Ausstellung Daily Show!. Das Aktionistische schwebt im Raum, schwingt mit und nach und nach wurden Hängung und Positionierung zum wichtigen und unverzichtbaren Bestandteil dieser Ausstellung und betonen die ihr zugrundeliegenden Philosophien.
Der kuratierende Künstler ist also in diesem Spiel, in dieser Show viel mehr der Moderator und versucht sorgfältig einen roten Faden zwischen den Positionen zu spinnen, sodass sich die Arbeiten ergänzen und stützen, aber auch torpedieren können.

Text: Siggi Hofer


1 Siggi Hofer
2 Gerhard Veismann im Gespräch mit Siggi Hofer, Mai 2019
3 Michael Gumhold im Gespräch mit Siggi Hofer, Mai 2019
4 Flora Hauser im Gespräch mit Siggi Hofer, Mai 2019
5 Flora Hauser im Gespräch mit Siggi Hofer, Mai 2019